20:15 Videoüberwachung in Wels

Im November 2016 hat der Welser Gemeinderat eine Verdoppelung der Videoüberwachung in der Welser Innenstadt beschlossen. Einer der vier neuen Kamera-Standorte ist am Haus Altstadt 8, genau über dem Eingang des FreiRaumWels. Damit werden die NutzerInnen der Altstadt-Lokalitäten sowie vor allem die unmittelbaren AnrainerInnen der Altstadt zu Betroffene einer polizeilichen 24-Stunden-Überwachungsmaßnahme, die sie nicht umgehen können. Eine Befragung in Form einer Unterschriftenliste ergab, dass ca. 80% der befragten AnrainerInnen diese Überwachungsmaßnahme nicht für sinnvoll erachtet und als einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte ablehnt. Bei einer Diskussion im FreiRaumWels wurden folgende Argumente artikuliert:

-> Es gibt kaum Kriminalität an diesem Ort. Es handelt sich um eine schmale Gasse die tagsüber ruhig ist und hauptsächlich von den BewohnerInnen und NutzerInnen der Lokale bzw. Einrichtungen frequentiert wird.

-> Steuergeld wird mit den Kameras verschwendet.

-> KundInnen des Ärzte-Zentrum (Psychotherapie, Frauenheilkunde, Radiologie, ...) werden gefilmt.

-> Kameras verhindern keine Strafdelikte.

-> Es ist sehr zweifelhaft, ob die Kamera bei etwaigen Delikten genau auf diese fokussiert. Ab einer gewissen Entfernung ist das Material überdies unbrauchbar. Bei Schlechtwetter ist das aufgezeichnete Videomaterial mitunter unbrauchbar.

-> Ein Imageschaden der Hafergasse kann entstehen (Ort des Verbrechens, weil ansonsten würde ja nicht gefilmt). Es kann zu Besucherschwund und Verlusten in der Gastronomie kommen. Sinnvoller wären positiv belebende Maßnahmen.

-> In einer 60.000 EinwohnerInnenstadt wie Wels kann über Videoaufzeichnungen auch Klatsch und Tratsch entstehen. Frau Mustermann - die Freundin von Max Eifersucht - war mit Mr./Mrs. XY unterwegs ...

-> BewohnerInnen und LokalbesucherInnen werden zu Betroffene einer Ermittlungs- und Fahndungsmaßnahme nach dem Sicherheitspolizeigesetz. Die Monitore sind live in Wels und Linz hochgeschaltet.

-> Eine Auswertung von Videomaterial ist sehr zeit- und kostenintensiv.

-> Im Hinblick auf den rasanten technischen Fortschritt (Gesichtserkennung, Datenverknüpfungen...) kann die Überwachung von Privatraum (z.b. Eingangsbereich zur Wohnung) künftig sehr schnell zu immer massiveren Einschränkungen der Persönlichkeitsrechte führen.

-> Schon jetzt gibt es in Oberösterreich eine "Bettlerdatenbank", in der alle "Bettler" verzeichnet sind. Eine weiter personenbezogene Datenbank ist das Suchtgiftmittelregister, in der alle Menschen eingetragen werden, die mit dem Suchtgiftmittelgesetz in Konflikt gekommen sind.

 

Die wenigen befürwortenden Stimmen führten als Rechtfertigungsargumente an, dass Videoüberwachung heutzutage eine nicht mehr verhinderbare Realität darstelle und die subjektive Sicherheit erhöhe. Private Videokameras (Banken etc.) sowie die Internet-Überwachung empfindet kaum jemand als störend. Eine Kamera schreckt potenzielle Straftäter ab.

 

Die bereits im Dezember 2016 montierte Überwachungskamera am FreiRaumWels wurde im März 2017 angeschlossen. Laut Polizeiangaben werden bereits Daten aufgezeichnet.

Ich lade alle Interessierte und Betroffene zu einem Gedankenaustausch ein, mit dem Thema, ob und wie man auf diese Situation reagieren kann/soll.

Kontakt: r.drack@gmx.at

Polizeiliche Videoüberwachung

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